Die traditionsreichen und national-patriotischen bürgerlichen Schützen-vereine blieben wie andere vergleichbare Organisationen seit dem Untergang der Monarchie vielfach den Traditionen des Kaiserreiches verhaftet. Daneben gab es Neugründungen mit etwas anderer politischer Grundausrichtung. Einige dieser Vereine orientierten sich an Zielen wie Brauchtumspflege, Heimatliebe und karitativer Fürsorge.

Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft führte sowohl bei den katholischen als auch bei den protestantischen Vereinen zu einer tiefgreifenden Verunsicherung. Unabhängig davon, wie heftig bzw. gering die Aversionen gegen die Gleichschaltung in den Vorständen ausgeprägt waren, wurde die Aufforderung, Einheitssatzungen zu übernehmen und in den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen einzutreten, in weiten Kreisen der Vereinsmitglieder als herber Traditionsverlust empfunden. Dieses führte zu einer verstärkten Austrittswelle. In den katholischen Regionen wurde strikt zwischen Verein und kirchlicher Bruderschaft getrennt.

Nach 1945/49 befanden sich die Schützenvereine gleichsam in einer Spagatsituation. Einerseits bemühten sie sich um eine Rückversicherung im 18. und 19. Jahrhundert, indem sie sich den traditionellen Festformen und der Pflege des Brauchtums erneut zuwandten. Eine Tendenz zur Historisierung der eigenen Geschichte ist unverkennbar. Andererseits kämpfen sie um die Eroberung der Zukunft. Sie stärkten ihr Profil als entpolitisierter Sportverein und arbeiteten intensiv am öffentlichen Erscheinungsbild als moderner Geselligkeits- und Eventverein. Hierdurch schufen sie die Möglichkeit, gesellschaftliche Gruppen, die bisher deutlich unterrepräsentiert waren, für ihr Vereinsleben zu interessieren. Frauen sind mittlerweile respektierte und erfolgreiche Sportschützinnen, und einige der Vereine verfügen über eine eigene Schießsportabteilungen für Menschen mit Behinderungen.

Die Schützenvereine, ob nun kirchlich verankert oder nicht, ob nun städtisch oder ländlich geprägt, weisen heute viele Unterschiede auf. Diese Vielgesichtigkeit jedenfalls ist auch ein Kontinuitätsmerkmal, welches sich über mehrere Jahrhunderte "Schützen-Welten" erkennen lässt.