
Der Titel der Ausstellung "Schützen-Welten. Bewegte Traditionen im Sauerland" erfährt in diesem Raum seine vermutlich stärkste sachliche Begründung.
Die beiden größten Schützenhallen des Sauerlandes befanden sich in Iserlohn und Lüdenscheid, die beide um 1900 erbaut wurden. Sie ersetzten dort kleinere Vorgängerbauten. Mit den neuen architektonischen Wahrzeichen der jeweiligen Städte waren Kapazitäten vorhanden, die weit über die vereinsinternen Bedürfnisse hinausgingen. Um solche Hallen errichten zu können, mussten die "Schützen-Welten" dynamisch werden.
- "Festhalle des Iserlohner Bürger-Schützen-Vereins", 1895;
Iserlohner Bürger-Schützen-Verein e.V.
- Ansichtskarte "Lüdenscheid, alte und neue Schützenhalle", 1902,
Sammlung Schumacher, Lüdenscheid
Solche Epochenarchitektur ist ein Phänomen des Aufstiegs und des Gipfelpunktes von Kulturen überall auf der Welt. Das gilt für die Antike mit ihren Bauten und für die Kirchen wohlhabender mittelalterlicher Städte. Es gilt aber auch für das Deutsche Kaiserreich, das um 1900 von blühender Wirtschaft und Industrie geprägt war, sich Weltgeltung in Wissenschaft und Forschung verschaffte und über beispiellose Innovationskraft, unternehmerische Risikofreude und globalem Handel verfügte. Damals demonstrierten Unternehmerfamilien wie die Krupps mit ihren Villen am Rande der Städte unbegrenzte wirtschaftliche Kraft. Dynamisch wachsende Regionen wie das Ruhrgebiet überformten mit Industriearchitektur die Landschaften. Städte und wohlhabende Vereine sorgten für ihre Memoria durch Setzung von Architektur-Wahrzeichen. Damit sollte Gemeinschafts- und Bürgersinn ein zu Stein gewordenes Denkmal erhalten.
Natürlich besaßen auch die Städte ein Interesse am Bau der Hallen, wurden doch damit beste Möglichkeiten für Konzerte, Großveranstaltungen, Parteitage und Events aller Art geschaffen.
- Plakat "Deep Purple", ein Beleg dafür , dass die Schützenhallen auch Austragungsort verschiedenster kultureller Veranstaltungen waren, 1970; Geschichtsmuseum de Stadt Lüdenscheid